Gewichtheben

Das Gewichtheben ist eine schwerathletische Sportart. Schwerathletisch (nicht schwer athletisch) hat in diesem Fall allerdings weniger mit der Schwere der AthletInnen zu tun. So ist die niedrigste Gewichtsklasse bei den Damen die bis 46 kg, bei den Herren die – nur mehr inoffiziell so bezeichnete – Bantamgewichtsklasse, die bei 56 kg Maximalgewicht endet. Ob man einem 56 kg schweren Zwerg-Haushuhn begegnen möchte, ist dabei eine andere Frage. Neben dem Gewicht, dass der/die AthletIn hebt, ist also auch jenes wichtig, welches der/die AthletIn wiegt. Die Männer wettkämpfen nämlich in 8, die Frauen in 7 Gewichtsklassen. Da diese Klassen alle paar Jahre verändert werden und jede einzelne Klasse eigene Welt- und Olympiarekorde in den Kategorien Reißen, Stoßen und Zweikampf (dabei werden die Werte addiert) hat, gibt es gefühlt mehr RekordinhaberInnen als aktive SportlerInnen. Zieht man von den Aktiven auch noch die gedopten ab, bleiben oft kaum noch wettbewerbsfähige AthletInnen über. So geschehen dem bulgarischen Team, welches, nachdem vor den olympischen Spielen 2008 in Peking gleich 11 AthletInnen wegen Dopings gesperrt worden waren, ganz auf ein Antreten verzichtete. Obwohl mit knapp über 7 Millionen EinwohnerInnen bei rund 111.000km² von vergleichbarer Größe mit Österreich, scheint Bulgarien nicht „a too small country to make good doping“ (© Peter Schröcksnadel) zu sein. Apropos Österreich: Der bisher letzte deutsche Olympiasieger im Gewichtheben war 2008 der gebürtige Wiener Matthias Steiner. Der bisher letzte für Österreich gestartete Gewichtheber, der Olympiagold holte, war Robert Fein, ein jüdischer Athlet, der bei den olympischen Spielen 1936 in Berlin ex-aequo mit dem Ägypter Anwar Misbah und dem damaligen Weltrekord von 345,5 kg (im damals noch üblichen Dreikampf von Reißen, Stoßen und Drücken) gewann. Fein wurde während des Nationalsozialismus von allen Wettbewerben ausgeschlossen, überlebte aber die Jahre bis 1945 in Wien, wo er 1975 starb.

Prädikat beschwerlich

Breitensportfaktor Auf niedrigem Niveau variabel, wobei gilt: Je höher das Gewicht, desto niedriger der Breitensportfaktor. Um ein, den Autoren (wie allen PassivsportlerInnen) nahes Beispiel zu nennen: Ein Sechsertragerl wird noch gerne mit nach Hause getragen, eine Kiste Bier nur mehr in Notfällen ohne Auto transportiert, ein 50-Liter-Faß trägt niemand freiwillig.

Basiswissen Bei den olympischen Spielen werden Medaillen nur im Zweikampf (Reißen und Stoßen addiert), nicht aber in den Einzeldisziplinen vergeben.

Berühmte AthletInnen

  • Der Sowjetrusse Wassili Iwanowitsch Alexejew war nicht nur doppelter Olympiasieger (Schwergewicht 1972 und 1976), sondern erreichte in seiner aktiven Zeit 80 Weltrekorde, bis heute unerreicht.
  • Der bulgarisch-türkische Gewichtheber Naim Süleymanoğlu, gewann bei drei aufeinanderfolgenden Olympiaden (1988, 1992 und 1996) für die Türkei Gold. Seinen Spitznamen „Taschen-Herkules“ verdankt er seiner Größe von nur 147cm.
  • Chen Yanqing war die erste Frau, die ihren Olympiatitel verteidigen konnte. Sie gewann 2004 und 2008 Gold.

Empfehlungen:

  • EAV: An der Copacabana (1987).
  • Ein echter Wiener geht nicht unter. Österreich 1975-1979, Regie: Reinhard Schwabenitzky / Rudolf Jusits / Kurt Ockermüller.
  • Österreich 2017, Regie: Ruth Kaaserer.

aus: Schneller, höher und so weiter. Fakten, Fanwissen, Fiktionen zu den Olympischen Sommerspielen 2021. Wien: Sonderzahl 2021, S. 33-35.

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Schneller, höher und so weiter

Fakten, Fanwissen, Fiktionen zu den Olympischen Sommerspielen 2021

Sommerolympiaden sind ein Fest der Vielfalt und Abwechslung – ideal, um viele Stunden vor dem Bildschirm zu verbringen: vom Schlagabtausch beim Boxen zum musikbegleiteten Dressurreiten, vom nach Knochenbruch schreienden Mountainbike zum gnadenlos schönen Badminton. Ein Nachmittag im Leichtathletikstadion ist ein eigenes Kapitel: vom umwerfenden Kugelstoßen zum faszinierenden Hochsprung, von der Langstrecke zum Sprint und so weiter.

Die beiden sportbegeisterten, durchaus auch Sport treibenden Autoren Peter Clar (mehr) und Markus Köhle (etwas weniger) folgen dieser Lust zur Abwechslung – der lexikalischen Vorgabe des Alphabets folgend werden alle in Tokio zur Austragung kommenden 33 Sportarten aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtet:
* der Dreisprung etwa aus der sehr persönlichen Erinnerung, wie man seinerzeit über zwei Steine im Fluss zur Geliebten auf der anderen Seite gelangte;
* das Turnen auf Reck, Seitpferd und Ringen, das einem fassungslose Begeisterung abverlangt, wie scheinbar mühelos man sich auf Turngeräten bewegen kann, die für Normalsterbliche bestenfalls als Foltergeräte taugen können;
* andererseits Sportarten wie Synchronschwimmen, die einer unfreiwilligen Komik nicht entbehren und denen man nur mit einiger Ironie gegenübertreten kann;
* oder aber der 200-Meter-Lauf, der zu einem historischen Rückblick Anlass gibt: 1968 in Mexico City wurde die Siegerehrung zum revolutionären Statement von den US-amerikanischen Gold- und Silbermedaillengewinnern, als sie sich mit schwarz belederhandschuhter und zur Faust geballter Hand mit der Black-Power-Bewegung solidarisierten (im Jahr, in dem Martin Luther King ermordet wurde, eine mehr als heldenhafte Ansage).

Stimmen
»Die beiden Literaturwissenschafter wagen den Spagat auf dem Schwebebalken. Einerseits humorige Einlagen – etwa die Sportfilmempfehlung Herr der Ringe –, andererseits wortgewaltig verpackte, geballte Infos, mit denen der Laie angeben kann. Der Spagat gelingt meistens, auch weil Clar und Köhle ihre Grenzen kennen.« (Andreas Gstaltmeyr, Der Standard, 23. Juli 2021)
»Die beiden Autoren und Poetry Slammer Peter Clar und Markus Köhle haben ›Fakten, Fanwissen und Fiktionen‹ zu allen Disziplinen der Olympischen Sommerspiele zusammengetragen und liefern damit die unterhaltsamste und kompletteste Vorschau auf Tokio 2020 ab.«, »Eine amüsantere Einstimmung auf die Olympischen Sommerspiele 2021 als ›Schneller, höher und so weiter‹ gibt’s wohl nicht – und ein bisschen schluaer wird man dadurch auch.« (Simon Welebil, FM4,16. Juli 2021)