12 Freunde müsst ihr sein

 

Miroslav Klose

Toni Kroos                            Mario Götze                          Thomas Müller

                                    Mats Hummels                     Sebastian Schweinsteiger

            Marcel Schmelzer     Holger Badstuber     Per Mertesacker       Philipp Lahm

Manuel Neuer
[Tim Wiese]

 

Foul oder Schwalbe 1

Das Schwein!, steiger ich mich hinein als der Spieler abhebt, als der orange oder weiß oder rot gekleidete Spieler abhebt, das rechte Bein abgewinkelt und nach vorne geschoben, das linke Bein fast durchgestreckt und beide Arme nach vorne geworfen und ein Schrei hallt und ein Mensch fällt und prallt auf und ertönt erst ein, dann aber 10000e Pfiffe, ertönt erst ein, dann aber 10000e Pfiffe und Buhrufe und ein Mensch am Boden, mit beiden Händen den Knöchel des rechten Fußes umklammernd, dabei war es doch der linke der getroffen wurde, der getroffen zu worden vorgegeben wurde, und rappelt sich hoch und humpelt vom Platz auf dem bekanntlich die Wahrheit liegt und er lag und der Ball nun auf dem Elfmeterpunkt.

 

Foul oder Schwalbe 2

Was ein Müll, er hebt einfach ab, hebt doch der, steigere ich mich hinein, orange oder weiß oder rot gekleidete Spieler einfach ab, das rechte Bein abgewinkelt und nach vorne geschoben, das linke Bein fast durchgestreckt und beide Arme nach vorne geworfen und ein Schrei hallt und ein Mensch fällt und prallt auf und ertönt erst ein, dann aber 10000e Pfiffe, ertönt erst ein, dann aber 10000e Pfiffe und Buhrufe und ein Mensch am Boden, mit beiden Händen den Knöchel des rechten Fußes umklammernd, dabei war es doch der linke der getroffen wurde, der tatsächlich getroffen wurde, und rappelt sich hoch und humpelt vom Platz auf dem bekanntlich die Wahrheit liegt und er lag und der Ball nun auf dem Elfmeterpunkt.

 

Die Angst des Schützen vorm Elfmeter

Ein neuer Tag, ein neues Glück denkt er sich und ich mir, dass er neuerlich wohl keinen Elfmeter verschießen, dass er nicht schon wieder in einem derart wichtigen Spiel einen Elfmeter vergeben werde und lehne mich in meinem Fernsehsessel nach vorne, entscheide mich um und lehne mich wieder zurück, das rechte Bein am Boden, das linke Bein hochgezogen und auf die Sitzfläche gestellt und mein Gesicht darauf gebettet und seines in Großaufnahme, zuckend die Backenknochen, zusammengekniffen die Augen, ein Blick zum Torhüter (spiel mir das Lied vom Tod) und vier Schritte rückwärts und einer links zur Seite und Schwenk, der Torhüter (gelb oder grün oder hellblau) mit ausgebreiteten Armen, ich bringe euch das Heil der Welt, auf der Linie hin und her springend oder scheinbar stoisch, mit angelegten Armen den Gegner fixierend, links oder rechts? und ein Pfiff, ein Trippeln, zwei, drei, vier Schritte und Schuss…

 

Von Hummeln und anderen Fußballern

Es hängt doch immer alles irgendwie zusammen, sage ich, und Du nickst, und am besten sieht man das doch beim Fußball, dieser kleinen Welt, in der die große ihre Probe hält, und Du nickst immer noch. Nehmen wir Mats Hummels als Beispiel, fahre ich, nach einem weiteren Schluck Bier, fort, der spielt für Borussia Dortmund, deren Maskottchen eine, erraten!, Hummel ist, und ich sage dir, das ist kein Zufall, denn Mats Hummels Bruder, Jonas Hummel, spielt für die Spielvereinigung Unterhaching in der dritten Liga und dort unter anderen gegen die einzigen zwei Vereine im deutschen Herrenprofifußball, die vom dänischen Ausrüster Hummel mit Trikots ausgestattet werden, Oberhausen und Burghausen, die, auch das wohl kein Zufall, dann auch noch sehr ähnliche Namen haben… Wusstest Du das?, frage ich und Du schüttelst den Kopf und ich fahre fort, und vermutlich auch nicht, dass Roberto Saviano über Messi geschrieben hat, dass dieser wie die Hummel sei, die auf Grund ihres Körperbaus gar nicht fliegen können dürfe, es aber doch tue, dass Robert Saviano über jenen Messi, der als Coverstar des Fußballcomputerspiels FIFA 2013 gehandelt wird auf dessen deutschsprachiger 2012er Version noch Mats Hummels zu sehen war, geschrieben hat, dass er mit seinen Körperbau im muskelstrotzenden modernen Fußball gar nicht spielen können solle, darauf Du, aber Fakt ist, dass das Hummel-Paradoxon, dass sich in populärer Literatur halte und besage, dass eine Hummel nach den Gesetzen der Aerodynamik nicht fliegen könne, eine Legende sei, dass die Aerodynamik eines Flugzeuges und die einer Hummel sich nicht nur in der Bewegung der Flügel unterschieden, sondern auch aufgrund anderer Größen- und Geschwindigkeitsverhältnisse und damit anderer Reynoldszahlen, dass eine Hummel, wie man 1996 auch experimentell nachweisen konnte, durch den Flügelschlag Wirbel erzeugte, die ihr den nötigen Auftrieb verschafften um fliegen zu können, darauf ich: Scheiß Wikipedia.

 

Trialog

Ich: Wir könnten uns das Spiel doch beim Public Viewing ansehen, z.B. auf der Schmelz. Er: Für einen Wortwitz machst du doch alles. Autor: Public Viewing bezeichnet im amerikanischen Sprachgebrauch die öffentliche Aufbahrung eines/einer Toten.

 

Konter

Man sollte meinen, man könne auf diesem Rasen, dieser Wiese, diesem Mertesacker kaum einen geraden Pass spielen, man müsse jeden, der auf diesen Platz von Strafraum zu Strafraum geht und sich dabei nicht den Knöchel bricht einen ausgeben und dann das, dann diese Aktion, dann nimmt er sich den Ball mit der Brust mit, legt sich den Ball mit der Brust vor, überspielt mit einem Haken nach links den ersten Gegenspieler, zieht zur Mitte, überläuft einen weiteren, täuscht rechts an, nur, um mit dem linken Außenrist den Ball in den Lauf seines Mitspielers zu passen, der aus vollen Lauf den Ball mit ebenso vollen Spann ins rechte Kreuzeck schießt, was heißt, hämmert, donnert, das ist Wahnsinn, das ist atemberaubend, das ist ganz, ganz kroos Toni, sage ich, und Toni nickt und wir stoßen an und ergötzen uns an der Wiederholung, ganz, ganz kroos, murmelt nun Toni, und ich nicke und dann: Stille…

 

Goethe und Badstuber

Ich müsste eigentlich noch, sage ich, einen Text schreiben, also eigentlicher nur mehr einen Teil eines größeren Ganzen, einen Textteil sozusagen, sagen wir, ein Elftel Text, also eigentlich gar nicht viel aber doch, denn schrieb schon Goethe, dass er keine Zeit gehabt hätte, um sich kurz zu fassen und dabei hatte der doch nicht mal einen Fernseher, geschweige denn gab es damals eine Fußballeuropameisterschaft, hatte also für Goethe Sturm und Drang rein gar nichts mit der Schlussoffensive einer Mannschaft zu tun, dachte er wohl auch keine Minute daran, einen Ball im Strafraum wegzufausten, und wenn einer verschoss, dann war es Werther, der das Kunststück zu Wege brachte seinen eigenen Kopf nicht voll zu treffen, Kommentar überflüssig, am Schluss aber zählt das Resultat und das stimmte dann ja doch, da fragt in 10 Jahren keiner mehr, wie der Selbstmord zustande kam, und war ihm Herder allemal näher als Werder (aber auch letzteres hat mit der EM nur am Rande zu tun), kurz, hatte er ohnehin nichts zu tun und trotzdem keine Zeit und wie also solle, sagte ich, ich dann die Zeit finden einen Text zu schreiben, einen Textteil zu schreiben, ein Elftel Text zu schreiben, wo doch jeden Tag ein Spiel, zumeist sogar zwei, und jedem Spiel eine Vorberichterstattung voran und eine Nachberichterstattung hintan gestellt ist und jetzt gehe ich anstatt einen Text zu schreiben in meinem Kopf die möglichen Varianten der Aufstellung der holländischen Nationalmannschaft durch, sozusagen Elftal anstatt Elftel, bevor diese 2:1 gegen Portugal verlieren wird, wobei Ronaldo beide Tore, eines in der 28. und eines in der 74. Minute,  erzielen wird, tippe ich nun mal so vor mich hin, dabei sollte ich doch einen Text schreiben, sollte mir was originelles zu einem der deutschen Spieler einfallen lassen, etwas wortwitziges und sprachgewaltiges, sage ich, und dabei hätte ich soviel anders zu tun, aber egal, schön, dass du da bist, der Fernseher läuft, Bier ist kalt, die Wohnungsführung bekommst du später, nur zur Orientierung, hier links ist das Wohnzimmer, gerade aus wären dann Bad, Stube, Rumpelkammer und Speis. Daraufhin du, für einen Wortwitz machst du wohl alles…

 

Apostelgeschichte 3,1-10

Und es wurde ein Mann herbeigebracht, der Lahm war von Mutterleib an, den man täglich an die Pforte des Tempels, welche man „die Schöne“ nennt, hinsetzte, damit er von denen, die in den Tempel hineingingen, ein Almosen erbitte. Als dieser Petrus und Johannes sah, die in den Tempel hineingehen wollten, bat er sie um ein Almosen. Petrus aber samt Johannes blickte ihn an und Petrus sprach: Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth, stehe auf und wandle! Und er ergriff ihn bei der rechten Hand und richtete ihn auf. Und alsbald wurden seine Füße und seine Knöchel fest, und er sprang auf und konnte stehen, mehr noch, konnte gehen, laufen, sprinten und Haken schlagen. Und wahrlich, ich sage Euch, Ballannahme, ein Haken nach rechts, die Kugel vorgelegt und mit Auge in den Winkel geschlenzt. Und Gegner und Fans erkannten, dass er der war, der um des Almosens willen an der „schönen“ Pforte des Tempels gesessen hatte; und sie wurden mit Verwunderung und Erstaunen erfüllt über dem, was ihm widerfahren war.

 

Sprichwort und Metapher

Lieber ein Kloß im Hals, als Klose im Strafraum dachte sich der Verteidiger, bevor er die Sense auspackte.

 

Wien, Juni 2012

DOWNLOAD TEXT ⇓